Luftdichtheit der Gebäudehülle
Warum überhaupt "luftdicht"?
Wer sich schon einmal im Winter mit einem kuschligen Wollpullover oder Fleecejacke im Freien aufgehalten hat, kennt das Phänomen. Solange kein Wind geht, ist alles schön, kommt jedoch Wind auf, ist es um die kuschelige Wärme ganz schnell geschehen. Der Grund dafür ist die fehlende Luftdichtheit des Wollpullovers. Die Wärme wird quasi weggeblasen.
Ähnlich verhält es sich mit Gebäuden. Wenn die Gebäudehülle, die das warme, weil beheizte Gebäudeinnere umschließt nicht luftdicht ist, verliert das Gebäude Wärme. Auch beim Gebäude wird die Wärme vom Wind weggeblasen.
Daher war es schon immer das Ziel möglichst dicht zu bauen, um eben jene unerwünschten Lüftungswärmeverluste zu minimieren, bzw. gänzlich zu vermeiden. Räume zu beheizen war schon immer mit Aufwand an Arbeit, Zeit und/oder Kosten verbunden.
Wenn durch bauliche/technische Maßnahmen solche unerwünschte Wärmeverluste reduziert oder gar vermieden werden, ist dies ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Energieeffizienz des Gebäudes.
Es ist quasi nicht möglich vollkommen luftdicht zu bauen. Das ist auch gar nicht gewollt. Der Luftaustausch, der über die Undichtheiten kommt, ist wichtig. Wir als Bewohner sind auf den dadurch hervorgerufenen Luftaustausch angewiesen.
Aber es müssen die richtigen Stellen sein, an denen das Gebäude undicht ist. Die richtigen Stellen sind die, bei denen die Undichtheit ohne nachteilige Auswirkung auf das Gebäude bleibt.
Undichtheiten, die mit dem Dachaufbau in Verbindung stehen, oder mit dem Wandaufbau bei Holzständerbauweise, sollten nicht vorkommen. Hierdurch kann es zu Schäden an der der Dach- oder der Wandkonstruktion kommen.
Um es auf den Punkt zu bringen: Warme, feuchte Raumluft hat in wärmegedämmten Bauteilen nichts zu suchen. Genau darin besteht die "Kunst des luftdichten Bauens".
Anforderungen an die Luftdichtheit der Gebäudehülle
Schon in der Reichsbauordnung von 1902 wird die Luftdichtheit der Gebäudehülle verlangt, soweit sie mit den technichen Möglichkeiten der damaligen Zeit (Stand der Technik) herstellbar war.
Mit Einführung der Energieeinsparverordnungvon 2007 wurden erstmals konkrete Anforderungen an die Luftdichtheit eines Gebäudes im Verordnungstext formuliert.
Diese Anforderungen sind in der DIN 4108 Teil 7-11/96 formuliert.
Die Messung hat nach den Regelungen der DIN EN 13829 zu erfolgen.
Die maximal zulässigen Grenzwerte betragen:
- für Gebäude ohne raumlufttechnische Anlagen: 3,0 [1/h]
- für Gebäude mit raumlufttechnischen Anlagen: 1,5 [1/h]
Die Einhaltung des Grenzwertes bedeutet jedoch nicht, dass ein Gebäude schadensfrei bleibt, sondern nur, dass es eben im zulässigen Maße "undicht" ist.
Bei sorgfältiger handwerklicher Ausführung, der an der luftdichten Gebäudehülle beteiligten Gewerke, sind Werte kleiner 0,8 [1/h] ohne Weiteres zu erreichen.
Diese Gewerke sind:
- die Innenputzarbeiten
- die Wärmedämm- und Trockenbauarbeiten mit der Dampfsperre auf der Raumseite der Außenbauteile
- die Fensterbauarbeiten
- die Haustüre
- die Haustechnikgewerke soweit sie die Gebäudehülle durchdringen
Je kleiner der Wert, umso besser haben die Handwerker gearbeitet!
Messung der Luftdichtheit
Die Luftdichtheit eines Gebäudes ist messbar. Bewertet wird dabei das Verhältnis zwischen dem berechneten Luftvolumenförderstrom eines großen Ventilators und dem errechneten beheizten Innenvolumen des Gebäudes.
Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der Begriff "Blower-Door-Test" üblich. Da ich aber keine Minneapolis-Blower-Door sondern das Blowtestgerät der Firma LTM verwende, wird im weiteren der Begriff "Luftdichtheitsmessung", abgekürzt "LDM" verwendet.
Ich baue das Gerät mit dem durch eine luftdichte Folie bekleideten Prüfrahmen im Normalfall in die Zarge der Haustüre ein. Nach Eingabe der erforderlichen Daten starte ich die Messung.
Das Gebläse stellt dabei einer festgelegten Abfolge vollautomatisch definierte Druckdifferenzen zwischen dem Gebäudeinneren und dem Außenbereich her. Wenn die Druckdifferenzen eingepegelt sind, wird über die Umdrehungszahl des Ventilators der zur Erzielung der jeweiligen Druckdifferenz transportierte Luftstrom errechnet.
Die Steuereinheit des Gebläses errechnet über die Druckdifferenzen hinweg einen mittleren Volumenstrom, der mit dem bei der Dateneingabe eingegebenen Innenvolumen ins Verhältnis gesetzt wird. Ist der Verhältnis- wert kleiner als die oben genannten Grenzwerte, hat das Gebäude die Anforderungen der DIN 4108-7 und der EnEV erfüllt.
Zur Ermittlung werden zwei Messreihen gefahren, ein Unterdruckzyklus und ein Überdruckzyklus.
Beim Unterdruckzyklus zieht das Gebläse Luft aus dem Gebäude raus, es entsteht ein Unterdruck gegenüber dem Außenbereich. In dieser Phase strömt über bestehende Undichtheiten Außenluft ins Gebäude hinein.
In der Überdruckphase drückt das Gebläse Luft in das Gebäude hinein, es entsteht im gebäude somit ein höherer Luftdruck als außen. Die Innenraumluft strömt über die Undichtheiten wieder aus dem Gebäude heraus.
Leckstellen suchen und finden
Das Finden geht am besten in der Unterdruckphase. Das Einströmen der Luft kann man erfühlen. Die Geschwindigkeit der einströmenden Luft ist messbar und man kann sie durch das Flackern einer Flamme oder über Rauch sichtbar machen. Damit findet man die Stellen wo auf der Raumseite die Luft austritt. Die Suche nach den Stellen, an denen die Luft ins Gebäude eintritt, ist - wenn die Bauarbeiten erst einmal abgeschlossen sind - deutlich schwieriger.
Ich plädiere daher dafür, die Luftdichtheit qualitativ zu einem Zeitpunkt zu kontrollieren und zu prüfen, an dem die maßgeblichen Elemente der luftdichten Gebäudehülle noch einsehbar sind und nachgebessert werden können.
Die eigentliche Luftdichtheitsmessung kann dann kurz vor Übergabe erfolgen.